Dirk Brömmel für's MKK

Stadt Ingolstadt, Newsletter vom 15.01.2011

Fotoarbeit von Dirk Brömmel für's MKK
Schenkung des Freundeskreises für Konkrete Kunst

Das Museum für Konkrete Kunst erhält von seinem Freundeskreis eine Fotoarbeit von Dirk Brömmel (2002) geschenkt: VT 13 – Mies van der Rohe zu Besuch in der Villa Tugendhat. Die offizielle Übergabe findet am Sonntag, 16. Januar, um 15 Uhr im Rahmen eines Künstlergesprächs mit Dirk Brömmel im Museum statt. Im letzten Jahr stellte das Museum für Konkrete Kunst die Fotoarbeiten zu Villa Tugendhat von Dirk Brömmel in der Städtischen Galerie im Theater aus.

In seiner vierzig Arbeiten umfassenden Serie „Villa Tugendhat“ aus dem Jahr 2002 setzt sich Dirk Brömmel auf neuartige Art und Weise mit einem der bedeutendsten Bauwerke der klassischen Moderne auseinander. 1929 plante und baute der Architekt und Designer Ludwig Mies van der Rohe für das Industriellenehepaar Fritz und Grete Tugendhat eine dreigeschossige Villa. Die moderne Stahlskelettkonstruktion erlaubte ein völlig neues Raumgefüge eines offenen Grundrisses. Mauerscheiben, wie die berühmte Onyx-Wand, sind von statischen Funktionen befreit und rhythmisieren den Raum allein nach ästhetischen Gesichtspunkten.

Wegen ihres jüdischen Glaubens musste die Familie Tugendhat bereits 1938 nach der Annexion des Sudetenlandes ihr Haus verlassen und über die Schweiz nach Amerika fliehen. Während des Krieges beherbergte die Villa Tugendhat die Gestapo; die rote Armee nutzte sie als Lagerraum und in der sozialistischen CSSR war sie ein Kinderkrankenhaus. Eine Rückgabe der Villa an die Familie Tugendhat fand auch nach 1989 nicht statt.

Als Ausgangsmaterial für seine Serie dienen Brömmel Familienaufnahmen aus den 1930er Jahren, die die Tugendhats in ihrer Villa zeigen. Brömmel hat versucht, den Standpunkt des damaligen Fotografen in der Villa exakt zu rekonstruieren und damit 2002 die Aufnahmen zu wiederholen. In einem digitalen Sandwich-Verfahren legte er die historischen und die aktuellen Aufnahmen übereinander und kombinierte sie zu einer.

Er bedient sich damit zunächst des Blicks eines anderen auf die Villa. Die historischen Fotografien stammen überwiegend von Fritz Tugendhat, der seine junge Familie in ihrem neuen Haus voller Stolz aufnahm und dabei schon mit farbiger Fotografie experimentierte. Die Fotos vermitteln Familienidylle, die durch und durch glückliche Welt einer jungen Familie, die mit großem Mut ihr Traumhaus verwirklicht hat. Doch die Idylle ist trügerisch.

Brömmel transformiert die Familienbilder auf eine andere Ebene und rückt sie in einen anderen Sinnzusammenhang. Ihr schemenhaftes Erscheinungsbild und die Betonung der Einblendung vermitteln auf dialektische Weise gleichzeitig Annäherung und Distanzierung. Die Vergangenheit der Villa Tugendhat und der namensgebenden Familie scheint auf, ohne die Illusion der Gegenwärtigkeit zu erwecken. Die historischen Familienfotos werden zum Ausgangspunkt eigener Erfahrungen, eines eigenen Blicks auf die Villa.