Minimum an Form, Maximum an Wirkung

Donaukurier, 15.09.2012
Ingolstadt (DK) An diesem Sonntag endet die große Retrospektive von Ben Muthofer im Kunstforum Ostdeutschen Galerie in Regensburg. Aber auch in Ingolstadt wird der 75 Jahre alte Künstler in seinem Jubiläumsjahr gewürdigt, was man der Galeristin Mariette Haas- Klein nicht hoch genug anrechnen kann.

Sie zeigt in ihren Räumen an der Neubaustraße eine sehenswerte Ausstellung, die zwar mit „Neue Arbeiten“ übertitelt ist, letztlich aber eine Retrospektive en miniature ist, eine Hommage an den Künstler, eine Hommage an das Dreieck. Zu entdecken ist Ben Muthofers Werk im Konzentrat. Die Exponate – Stelen, Lichtobjekte, Faltungen, Grafik und Bilder – sind klug gehängt und gestellt, so- dass die Entwicklung, Querverbindungen und Bandbreite des Oeuvre vergleichend zu verfolgen sind. Von 1975 stammen die ältesten Werke, einige der neuen hat der wichtige Vertreter der konkreten Kunst eigens für die Ausstellung geschaffen.

„Formbilder“ nennt Muthofer diese aktuellen Werke, die sich auf leicht erhabener Lein- wand – auf ein Dreiecksgerüst gespannt – in Ecken schmiegen oder sich aus diesen an den Wänden herausentwickeln. Teils in sattem Grün und Blau oder in mannigfaltigen Grauschattierungen, variabel zu mehrteiligen kaleidoskopartigen Bildern zusammenzustellen. Sie sind spielerische und schlüssige Kombinationen aus Relief, Objekt und Malerei und erneute Variationen zu Muthofers Lieblingsform, dem Dreieck.

Diesem ist Muthofer seit Jahrzehnten treu, hat mit Stringenz und Experimentierfreudigkeit, dem Dreiklang Geometrie, Farbe und Licht folgend, eine Vielzahl an raumbildenden und raumgestaltenden Werkgruppen geschaffen. Die gefalteten Dreiecksflächen etwa hat er nach mathematischen Regeln, Goldener Schnitt oder Fibonacci-Folge, gestaltet, dem weißen Stahl die Schwere durch Teilung, spiralförmige Drehung oder aufgefächerte Einschnitte genommen. Inspiriert von den Bauhaus-Ideen der 20er Jahre gelingt es Muthofer seit Jahrzehnten, reduziert auf ein Minimum an Form ein Maximum an ästhetischer Wirkung und verblüffender Vielseitigkeit zu erreichen. Diese ist in der Ausstellung zu erleben. Hingucker sind dabei eine Lichtsäule aus Glas und LED-Lampen, ein raffiniertes wie schlichtes Designobjekt, die Synthese von künstlerischer Form und Funktion, sowie das selten gezeigte Objekt „drei dreiecke auf würfel“.

Von Katrin Fehr

Leuchtender Blickfang: Zur Vernissage der Ausstellung in der Galerie Mariette Haas in Ingolstadt hat Ben Muthofer einen seiner patentierten Farbflächenfilme gezeigt. Foto: Strisch