CHRISTOPH DAHLHAUSEN

Das Licht in den DingenChristoph Dahlhausen lässt Licht und Farbe aus den Dingen selbst entstehen: Verschiedenfarbige Filterlinsen werden zu unregelmäßigen Clustern aneinander geklebt und in einem Abstand von wenigen Zentimetern an die Wand gehängt (Small Windows). Baugerüst-Fertigteile und blaue 18 Watt-Leuchtstoffröhren verbinden sich im öffentlichen Raum zu Lichtzeichnungen, die vor allem in der “Blauen Stunde”, bevor die Nacht hereinbricht ihre nahezu magische Wirkung entfalten (Stabilizing Light). Mit hochglänzendem Autolack versehene Aluminiumwabenpaneele, die normalerweise im Flugzeugbau Verwendung finden, spiegeln den Betrachter und entsenden aus ihrer Wabenstruktur weißliche Lichtblitze (Bodies).

Dahlhausens Weg begann als Maler, war aber von Anfang an auf radikale Elementarisierung des malerischen Vorgangs gerichtet. Als er schließlich entdeckte, dass ihn das von der unteren Kante des Keilrahmens abstrahlende Farblicht mehr faszinierte, als die Malerei auf der Leinwand selbst, war der Weg frei für seine spezifische malereilose Erforschung der zentralen Malereigrundlagen Farbe und Licht und ihrer Interaktion mit dem umgebenden Raum. Seitdem gilt: Dahlhausen benutzt ausschließlich Elemente aus der kühlen Welt industriell gefertigter, funktional konnotierter Gegenstände und setzt sie weitestgehend als Ready-Mades ein, um damit seine “unwissenschaftlichen Nachweise von Licht” vorzuführen, wie er eine 1996 entstandene Werkgruppe einmal genannt hat.

Das Faszinierende dieser von aller künstlerischen Geheimniskrämerei und Genie-Mystifikation entschlackten “Less is More”-Vorgehensweise besteht darin, dass die auf Ihre reine Erscheinung reduzierten Gegenstände dennoch gänzlich verwandelt erscheinen. Die unterschiedlich großen Kamerafilter, in loser, rhythmisch-musikalisch gegliederter Ordnung auf einer horizontal an der Wand angebrachten polierten Edelstahlplatte verteilt (Filtered Light), entfalten zwischen eigener und an der Wand reflektierter Farbigkeit ein höchst komplexes Wechselspiel zwischen räumlicher Materialisierung und ephemerer Erscheinung. Und das weiße Leuchten aus dem Inneren der autolackbewehrten Aluminum-Bodies nimmt diesen Körpern ein Stück ihrer Körperlichkeit zugunsten einer flirrenden, das Objekt überstrahlenden Immaterialität. Wenn man so will: Die Geburt der Poesie aus dem Geist der konkreten und konstruktiven Kunst. Dabei agiert der Künstler in all seinen Arbeiten nicht als Demiurg, sondern als Arrangeur, als Regisseur, der allein durch die Situationen, die Konstellationen, die er herstellt, das Ungesehene im Gesehenen sichtbar macht, und dadurch auch die Wahrnehmung selbst zu einem immer wieder neuen Abenteuer werden lässt.

(Stephan Berg, Direktor Kunstmuseum Bonn (GER), Januar 2017)

(Quelle: http://dasesszimmer.com/de/christoph-dahlhausen/#.XGVWTc9Kjwc)