HEINER THIEL

In seinen jüngsten Werken beschäftigt sich Heiner Thiel, wie schon in früheren Arbeiten, mit der Wahrnehmung von Form und hier insbesondere mit dem Quadrat. Viereckige Bleche aus Aluminium sind maschinell in eine konkave oder konvexe Form gebracht und in verschiedenen intensiven, dunklen Farbtönen eloxiert. Metall und Farbe im optischen Zusammenspiel schaffen einen virtuellen Farbraum, der dem Betrachter entgegenleuchtet. Dieser vermag sich der Sogwirkung von Licht und Farbe, die seinen Blick in die Tiefe der Fläche führt, kaum zu entziehen.
Das Licht wird von der konkaven Oberfläche zurückgeworfen, weckt die Farben, sättigt sich an ihnen und läßt ihr Wesen nach außen dringen. Das Zusammenspiel von Farbe, Licht und Material evoziert eine Art haptisches Pulsieren und immaterielles Leuchten. Es entstehen Farbräume, die trotz ihrer inneren Ruhe und Konzentration beim Verlassen des Betrachterstandpunkts vermeintlich in Bewegung geraten. Aufgrund der Veränderung seiner Wahrnehmung sieht sich der Betrachter zur Bewegung geradezu aufgefordert. Form und Farbe scheinen auf Bewegung zu reagieren: Das in der frontalen Ansicht scheinbar flächige Quadrat beginnt sich von der Wand zu lösen und wird zum dreidimensionalen Objekt, das nur an einem nicht erfahrbaren Punkt in der Wand verankert ist. Allein der Schattenwurf verrät dem Betrachter die reale Ausdehnung des Farbraumes, irritiert ihn und veranlaßt ihn gleichzeitig, seine Wahrnehmung zu überprüfen.
Im Format nähert sich der Bildhauer hier gattungsüberschreitend der Malerei an. Die Skulpturen binden sich an die Vertikale, auch hier sich dem Gemälde annähernd. Die Materialiät des Aluminiums kontrastiert mit der Immaterialiät von Farbe und der Brechung des Lichts an der dinglichen Oberfläche. Farbe und Metallvolumen gehen eine Symbiose ein. Die Spannung des zum Bildkörper gerundeten Metalls ist von der Wahrnehmung der Farbe nicht mehr zu trennen. Der Blick gewinnt eine zusätzliche haptische Dimension. Besonders deutlich zeigen sich diese Transformationen an den Rändern des Objekts. Sie sind nicht ausschließlich geometrisch definiert als Grenzen eines flachen Feldes, sondern zugleich als Körper. Die Skulptur gewinnt eine gewölbte, körperliche Präsenz im realen Raum, und leistet zugleich auch, was das flache wandparallele Gemälde immer geleistet hat, nämlich die Darstellung des fiktiven Raumes in der Ebene zu erzeugen. Die gleichermaßen hintergründige wie vitale Lebendigkeit resultiert aus dem Wechselspiel zwischen der Spannung des gerundeten Metallvolumens und dem Eigenwert der Farbe.
Im Gegensatz zum real existierenden Metallkörper sind Farbräume ihrer Natur nach nicht meßbar. Als abgeschlossene und selbst Raum verdrängende Gegebenheit bekundet die Skulptur von Heiner Thiel eine deutliche Abkehr von den traditionellen Ideen von Tafelbild und Skulptur und begibt sich auf den Weg in eine neue Kategorie der Wahrnehmung.
(Daniela Christmann)

[VITA]

[Ausstellung HEINER THIEL - NEUE ARBEITEN]

[Ausstellung COLOURS OF SPACE]

[ARBEITEN von Heiner Thiel]

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